Montag, 30. April 2012

Risen 2: Dark Waters Video Test – Verfluchtes Gothic!

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Eine wundervolle Spielwelt, unglaublich dichte Atmosphäre und die banalste Story seit diesem Roman über das Umfallen eines chinesischen Reissacks. So ließe sich das deutsche Rollenspiel „Risen“ auf den tragischen Punkt bringen. Über die Jahre hat uns Entwickler Piranha Bytes mit seiner Liebe für detaillierte Welten wieder und wieder zum Staunen gebracht und uns davon überzeugt, dass das vergleichsweise kleine Team zu Höherem bestimmt ist. Doch das ewige Talent-Team hatte schon immer eine Achillesferse: Storytelling und Inszenierung fanden sich nie unter den Stärken der „Gothic“-Macher. So betrachtet, macht die Idee „Risen 2“ als ein vollwertiges Piratenspiel aufzulegen durchaus Sinn. Verlorene Schätze, verfluchte Seemänner und rachsüchtige Meereshexen – der Fluch der Karibik bietet die besten Zutaten für eine packende Story.

Genau deshalb haben wir „Risen 2“ seit seiner Ankündigung auch nicht mehr aus den Augen gelassen. Wer sich das Thema der Freibeuterei zur Brust nimmt und es damit wirklich ernst meint, der kann eigentlich nur gewinnen. Wir konnten es jedenfalls kaum erwarten, zusammen mit der Piratenbraut Patty und ihrem raubeinigen Vater Stahlbart in See zu stechen. Dass man uns seitens der Entwickler mit der Voodoo-Zauberei und dem Einsatz von Schusswaffen darüber hinaus noch echte Neuerungen in „Risen 2“ versprach, machte die Nummer nur noch interessanter.


Wirklich neu – und das sei hier gleich mal klipp und klar gesagt – ist in „Risen 2“ aber sehr, sehr wenig. Wer mit der „Gothic“-Reihe vertraut ist oder den direkten Vorgänger kennt, der wird sich in der Haut des namenlosen Helden schnell zu rechtfinden. Zu schnell wie wir finden, denn kurz bevor uns das brilliant eingefangene Flair der Südsee-Piraterie voll und ganz verzaubern konnte, wurden wir aufgrund der altgedienten Quest-Muster unsanft daran erinnert, dass wir das alles irgendwie schon kennen.

Wirklich neu ist in Risen 2 sehr wenig

Als mittelloser Grünschnabel rennen wir für die drei verschiedenen Fraktionen (Piraten, Inquisition und Eingeborene) durch faszinierende Landschaften, vermöbeln die Fauna und legen uns mit unartigen Menschen an. Alles nur damit wir Zugang zu besserer Ausrüstung und dem nächsten Quest-Gebiet bekommen.

Nun könnte man (mit einiger Berechtigung) behaupten, dass im Grunde jedes Rollenspiel diesem schlichten Muster folgt. Piranha Bytes‘ Unwilligkeit von der „guten, alten Gothic-Formel“ abzuweichen, überraschte uns dann aber noch sehr. Mag sein, dass es nostalgiebedürftigen Fans da anders gehen wird – wir hätten uns über ein Quäntchen mehr Wagemut im Spiel-Design durchaus gefreut.

Rückschritt: Das Kampfsystem ist trotz Voodoo, Feuerwaffen und fiesen Tricks nicht der Rede wertRückschritt: Das überarbeitete Kampfsystem ist trotz Voodoo-Magie, Feuerwaffen und fiesen Tricks nicht der Rede wert

Und wo wir schon mal beim Nörgeln sind: Die angekündigten Neuerungen sind allesamt nur seichte Modifikationen eben dieser wohlbekannten Formel. Die schwarze Magie, die fiesen Piratentricks, der Einsatz von Feuerwaffen oder die Gegenwart von Begleitern – wer es genau nimmt, wird in diesen neu eingeführten Elementen kaum mehr als gut gemeinte Ergänzungen des alten Gothic-Trotts sehen. Weder sorgen die neuen Mechaniken für mehr taktischen Tiefgang, noch transportieren sie das traditionell ungenaue und unspektakuläre Kampfsystem in das Rollenspiel-Jahr 2012.

Gut trotz klarer Schwächen

Das ist ziemlich viel Kritik, die wir hier vom Stapel lassen. Wir sind aber noch nicht fertig: Obwohl „Risen 2“ seine deutlichen Schwächen hat, geht das Gesamtwerk auf. Für uns muss das kein Widerspruch sein, denn wir spielen Rollenspiele, um in einer glaubhaften Spielwelt zu versinken, dort auf Charaktere zu treffen, die diesen Namen auch verdienen und um einer motivierenden Geschichte zu folgen. Es sind exakt diese Kernkompetenzen, die „Risen 2“ für uns zu einem guten Rollenspiel machen.

An der Aussicht besoffen – Risen 2 hat die schönste Spielwelt wo gibt

Caldera, Puerto Isabella, Takarigua – klangvolle Namen zu denen uns sofort zahlreiche Bilder ins Hirn schießen. Das indigene Dorf tief im Dschungel mit seinem Voodoo-Altar, der kleine Wasserfall in der Bucht der Schwertküste oder die termitenverseuchte Höhle unter Jacks Turm. Wer „Risen 2“ gespielt hat, nimmt diese Orte mit sich. Eine Qualität, die die siebenundfünfzigste Quest in „Skyrim“ in dieser Form einfach nicht hat. Mag sein, dass Bethesdas Megahit, was die schiere Masse an Quests angeht, mit „Risen 2“ den Boden wischt – in puncto Spielwelt und Atmosphäre braucht sich Piranha Bytes‘ Piratenparadies aber nicht vor der Konkurrenz zu verstecken.


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